Eduard Hanslick

Der prominenteste und gefürchtetste Wiener Musikkritiker, der Wagner seit Jahrzehnten bekämpfte, konstatierte nach der Uraufführung, dass Wagner »nur in den christlichen Mysterien das Heil der Kunst zu finden« scheine, wobei er in seiner Rezension vom 25. Juli 1882 ein Wort von Franz Grillparzer auf den alten Wagner münzte: »Religiosität ist die erste Weingährung des sich bildenden und die faule Gährung des sich zersetzenden Geistes.« Dies zeigt, dass Hanslick die kunstreligiösen Aspekte des Werks, dessen Kern er »krank« nannte, nicht zur Kenntnis nahm, sondern die historisch gewordene Gralsgeschichte, wie sie Wagner bearbeitet hatte, in Gegensatz zum »echten Christentum« der Gegenwart interpretierte.

Friedrich Nietzsche

»Dies Nonnen-Äugeln, Ave-Glockenbimmeln (…) Denn was ihr hört, ist Rom – Roms Glaube ohne Worte!«

Für Nietzsche war Wagner 1888 ein falscher, da »undeutscher« Prophet, ein »Apostel der Keuschheit«, der »Parsifal« ein »Attentat gegen die Sittlichkeit«. Der Vorwurf an Wagner, dass dieser plötzlich »fromm« geworden sei, speist sich einerseits aus Nietzsches kategorischer Ablehnung gegen die Person Wagner, zum anderen aus dem Verständnis des »Parsifal« als grundchristliches, in diesem Sinne: erzkatholisches Werk, wozu einzelne Elemente – die Gralsenthüllung als (allerdings pervertiertes) Abendmahl und die christusgleiche Erscheinung Parsifals im 3. Akt – die Zeitgenossen provozieren mussten, die gerade (1887) den »Kulturkampf« mit den »Ultramontanen«, also den Katholiken, beendet hatten.

Götterdämmerung in Stuttgart

Vergangene Woche konnten die Bayreuther Jugendmitglieder Gleichgesinnte des Fördervereins der Jungen Freunde Stuttgart in der Staatsoper Stuttgart treffen, um dort gemeinsam Richard Wagners Die Götterdämmerung in einer Generalprobe zu erleben.

Die Musikalische Leitung hatte Cornelius Meister inne, Regie führte Marco Storman. Neben der Musik bestimmt natürlich auch die Bühnengestaltung das Bild der Oper. Mehr über diese optische Komponente konnten die Jungen Freunde und Freundinnen vom Bühnenbildner dieser Inszenierung, Demian Wohler, in einer der Pausen persönlich erfahren. Der Szenograf erzählte von der Komposition des Bühnenbildes, über die Absprachen zum bestmöglichen Klangerlebnis bis hin zur praktischen Gestaltung der eingesetzten Bühnenelemente. So erfuhren die Jungen Freunde wie dieses Werk Gestalt annahm und schließlich als Gesamtes, mit den Kostümen der Sänger und Sängerinnen, auf die Bühne gebracht wurde.

Wir danken der Stuttgarter Staatsoper sehr für die Möglichkeit eines Besuchs und freuen uns auf kommende gemeinsame Erlebnisse.

Weitere Eindrücke der aktuellen Inszenierung können Sie hier einsehen.

Parsifal-Interpretionen

Kaum ein Werk Richard Wagners ist so umstritten wie der Parsifal. Von je her war man sich darüber uneinig, welchen Sinn das »Bühnenweifestspiel« besitzt. Dr. Frank Piontek wird anlässlich der Neuinszenierung des Parsifal bei den Bayreuther Festspielen 2023 einige Sätze aus der Deutungsgeschichte des Stücks holen und einordnen.

Richrd Wagner

Wagner selbst bezeichnete sein Werk gegenüber Cosima Wagner als seine »letzte Karte«. In einem wesentlich früheren Stadium der Werkentstehung betonte er das »Grundböse« des Stücks: Der Mittelpunkt sei Amfortas, der nichts als sterben möchte, aber angesichts »seiner Wunde« und des (ihn anklagenden) Grals nicht zu sterben vermag. Von hier aus deutet Wagner die Handlung in einem größeren Zusammenhang: »Leiden der Menschheit in alle Ewigkeit fort!« »Liebe – Glaube – Hoffen?« – so lautet Wagners, für Ludwig II. 1880 notierte Überschrift zum Vorspiel des Parsifal. Das Fragezeichen weist darauf hin, dass mit dem Finale seines »Weltabschiedswerks« noch kein »erlösender« Endpunkt des »Leidens der Menschen« erreicht sei, das mit dem Leiden (und der »Sünde«) des Amfortas parallelisiert wird.

Einen guten Rutsch!

Bei Wagners gab es an Silvester häufig einen Tanz um den Weihnachtsbaum und späteres Bleigießen. Den Jahreswechsel 1877 zu 1878 verbringt die Familie zudem mit Klängen aus Parsifal. Cosima hält in ihrem Tagebuch fest: »Wie innig befriedigt und innerlich beseligt beschließen wir dieses so schwere Jahr!«

Wir wollen es der Familie Wagner gleich tun und freuen uns mit Ihnen gemeinsam auf das Jahr 2023, welches auch Parsifalklänge mit sich bringen wird.