Das Herzstück der Gäste

Freundinnen und Freunde von Bayreuth kennen die Vorteile wie auch die Tücken eines jeden Platzes, einer jeden Reihe im Zuschauerraum des Festspielhauses gut, dabei sind die Sitzplatz-Vorlieben individuell:

Hier gibt es die beste Sicht… Auf diesem Platz ist die Akustik einfach am besten… Dort kann man sogar die Beine ausstrecken und der Rücken tut nur ein bisschen weh… Von hier aus sieht man das Dirigentenpult… Die Gründe für die persönliche Platzwahl im »Herzstück der Gäste« sind mannigfaltig.

Viel hat sich seit Neu-Bayreuth am Saalplan nicht geändert. Er ist in seiner Printversion höchstens etwas bunter geworden über die Jahre, zwischenzeitlich ist es möglich, den Zuschauerraum vor der Platzwahl virtuell zu besichtigen. Und, 2011 wurden Balkon und Logen neu bestuhlt – finanziert von den Freunden von Bayreuth.

Es gibt einige Berichte von Festspielgästen, darunter prominente Namen, die ihre liebe Not mit der eher unkonfortablen Bestuhlung hatten. Wie etwa Theodor Fontane, der 1889 in einem Brief berichtet: »Fünfzehnhundert Menschen drin, jeder Platz besetzt. Mir wird so sonderbar. Alle Türen geschlossen. In diesem Augenblick wird es stockduster. […] Mir wird immer sonderbarer, und als die Ouvertüre zu Ende geht, fühle ich deutlich: ,Noch drei Minuten, und du fällst ohnmächtig oder tod vom Sitz.‘ Also wieder raus. Ich war der letzte gewesen, der sich an vierzig Personen vorbei bis an seinen Platz. […] durchgedrängt hatte […] Und nun eben wieder zurück.«1

Oder auch Igor Strawinsky, der berichtet: »Ich kroch ganz zusammen und rührte mich nicht mehr aus, ich musste eine andere Stellung einnehmen. Krach – schon geht’s los! Mein Stuhl macht ein Geräusch, das mir hundert wütende Blicke einbringt. […] Schließlich kommt die Pause, und ich werde durch ein paar Würstchen und Bier belohnt.«2

Was sind Ihre Erfahrungen mit den Stühlen im Bayreuther Festspielhaus? Teilen Sie hier unsere Erlebnisse mit uns.

Übrigens: Wissenswertes über die Besonderheiten des Festspielhauses und vieles mehr finden Sie von nun an auch auf dem Instagram-Kanal von Freunden für Freunde von Bayreuth unter #Wagnerfreundschaft.

  1. Fontane, Theodor: Brief an Karl Zöllner (1889). In: Barth, Herbert (Hg.): Der Festspielhügel, Richard Wagners Werk in Bayreuth. München (dtv) 1976, S. 74. ↩︎
  2. Stawinsky, Igor: Parsifal 1912. In: Barth, Herbert (Hg.): Der Festspielhügel, Richard Wagners Werk in Bayreuth. München (dtv) 1976, S. 116 ff. ↩︎

Frühlings-Quiz • Auflösung

Ganz richtig, es handelt sich hierbei um ein Detail aus dem Orchestergraben: Solange sie nicht im Einsatz sind, lehnen die Kontrabassisten ihr Instrument an die Wand und fixieren es mit einem Ledergürtel.

© Gesellschaft der Freunde von Bayreuth

Wir sagen »herzlichen Glückwunsch« an den Gewinner, ein Exemplar von »Richard Wagners Wörter« ist unterwegs. Vielen Dank auch an alle anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmer fürs Miträtseln!

»Hier wo mein Wähnen Frieden fand – Wahnfried

sei dieses Haus von mir benannt«, lautet die Inschrift auf der Fassade des ehemaligen Wohnhauses Richard Wagners, in welches er auf den Tag genau vor 150 Jahren einzog.

Das Richard Wagner Museum feiert das Jubiläum heute mit einem Gartenfest. Musik und Schmaus sowie eine Spielstation mit Spielen aus dem 19. Jahrhundert, laden ab 10 Uhr zum Verweilen im Wahnfried-Park ein. Der Museumseintritt ist frei.

Von einem solch schmucken Erscheinungsbild, wie es auf dem Foto zu sehen ist, konnten der Komponist und dessen Familie beim Einzug am 28. April 1874 nur träumen, gestalteten sich die Bau- und Einrichtungsarbeiten doch wesentlich langwieriger, als zunächst gedacht –  »Ärgersheim« war der Name, den Wagner seinem Haus daher zeitweise gab (Cosima-Tagebücher I, 1869-1877, 23.12.1873, S. 767). Dennoch schreibt Cosima Wagner am Tage des Einzugs beseelt in ihr Tagebuch: »Einzug im Hause! Es ist noch nicht fertig, weit davon, allein wir erzwingen es. Hübsches Mittagessen bei Feustels; um 4 Einweihung der Speisestube durch die Konferenz zwischen den Herrn Hoffmann, Brandt, Brückwald, dem Verwaltungsrat und den Herrn Brückner, Dekorationsmaler aus Coburg. […] R. berichtet mir von der schönen Stimmung, welche geherrscht habe, und wie alle nur von einem Geiste der Ergebenheit zur Sache erfüllt gewesen wären.« (Cosima-Tagebücher I, 1869-1877, 28.4.1874, S. 813)

»Es ist mir nöthig endlich zu wissen, wohin ich gehöre, wo ich meinen festen Wohnsitz nehme[n] und für meine Familie im bürgerlichen Sinne sorgen kann. Ich habe viele Jahre meines Lebens dem wüsten Walten des Zufall’s anheim geben müssen, nenne keinen Besitz mein und lebe wie ein Flüchtling in der Welt.«, schreibt Richard Wagner am 1. März 1871 in einem Brief an seinen Mäzen Ludwig II. Weiter heißt es darin: »Für den so wichtig gewordenen Rest meines Lebens kann ich hier, wohin der Zufall mich warf, nicht verbleiben; ich muss dort leben, wo ich mir zugleich einen angemessenen Wirkungskreis bereitet wissen kann: diess muss im Herzen Deutschland’s sein, und glücklich bin ich, diesen jetzt auserwählten Punkt in Ihrem Königreiche inbegriffen gefunden zu haben. Dort wünsche ich meinen dauernden Heerd zu gründen, um ihn als lebenvolles Eigenthum dereinst meinen Erben hinterlassen zu können.« (König Ludwig II und Richard Wagner, Briefwechsel Bd. 2, S. 321f.).

Haus Wahnfried wurde in der Tat ein Ort mit bedeutendem Wirkungskreis: Ein Ort, der dem Komponisten ein festes Zuhause gab, von wo aus er die Entstehung des Bayreuther Festspielhauses betreute, die Partitur des Ring des Nibelungen beendete, der zum Zentrum wurde für Zusammenkommen mit Freunden, Künstlern, Mäzenen, Intellektuellen, der Herberge war für zahlreiche dort lebende Haustiere… Auch ein Ort, dem – lange nach dem Tod des Komponisten – Adolf Hitler die Türen offenstanden, der im April 1945 zur Hälfte zerstört und später durch Wolfgang Wagner wieder aufgebaut wurde. Und ein Ort, der vor rund 10 Jahren saniert und um einen Museumsneubau erweitert wurde.

Wahnfried ist heute, so ist es auf der Webseite des Museums zu lesen, ein »bedeutsamer Ort deutscher Kulturgeschichte, an dem Leben, Werk und Wirken Richard Wagners erforscht, auf einzigartige Weise erzählt und für alle Sinne erlebbar gemacht werden.« Wagners Wunsch nach einem »angemessenen Wirkungskreis«, so könnte man schließen, ist in Erfüllung gegangen.

Frühlings-Quiz

Welches Detail aus dem Bayreuther Festspielhaus ist hier zu erlugen*?

© Gesellschaft der Freunde von Bayreuth

Haben Sie es erkannt? Dann schreiben Sie uns die Lösung bis zum 30. April 2024 per E-Mail an kontakt@freunde-bayreuth.org.

Das Los entscheidet, wer sich über ein Exemplar von »Richard Wagners Wörter« freuen darf. Anfang Mai werden wir die Lösung im Blog veröffentlichen.

Sie möchten eigene Detail-Aufnahmen im Bayreuther Festspielhaus machen?

Freundinnen und Freunde von Bayreuth haben diese Möglichkeit exklusiv bei professionell begleiteten Fotoworkshops am 16. und 30. Juni 2024.

*Erlugen (Sehen, erschauen; Richard Wagners Wörter, Victor Henle, 2011)

Tristan und Isolde-Rätselsätze

Des Schweigens Herrin
heißt mich schweigen:
faß ich, was sie verschwieg,
verschweig ich, was sie nicht faßt.

Wagner selbst hat die Stelle ausnahmsweise erläutert. In einem Brief an Albert Hahn schrieb er am 5. März 1876 seine Interpretation nieder: »Du, Isolde, bist im Schweigen Meisterin; fasse ich aber, was Du verschweigst« (gemeint ist: Deine, Isoldes, Liebe zu mir, Tristan), »so verschweige ich (von Deiner Schweigens-Kunst belehrt), was ich nicht fasse, nämlich dass die höchste Ehre mir verbietet Dir zu gestehen, warum ich Dir nicht auch meine Liebe offen gestehe und zeige«. Wagner bezog sich auch auf die Wendung »Des«: »Nun gebraucht man aber ‚des‘ für ‚Meister‘, ich bin des Schweigens Herr, oder ich muss der Sache Herr werden. Meisterin klänge hier steif und pedantisch, darum ‚Herrin‘«.

Kein Bühnenwerk Richard Wagners verfügt über so viele hermetische, d.h. schwer deutbare Formulierungen und Sätze wie Tristan und Isolde. Anlässlich der Neuinszenierung der »Handlung« hat sich Dr. Frank Piontek die seltsamsten dieser Rätselsätze herausgesucht, um sie zu interpretieren.